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Die meisten Radwege sind immer noch in einem schlechten Zustand

Andreas Brand (Jahrgang 1968) von der Initiative „Aufbruch Fahrrad Bottrop“ über die Fahrradinfrastruktur der Stadt

Wie beurteilen Sie aktuell die Situation für Radler in Bottrop?

A.B: Eher mäßig. Von einer fahrradfreundlichen Stadt sind wir, glaube ich, noch sehr weit entfernt.

Was müsste sich denn zunächst verändern, was fehlt Ihnen, der sein Rad täglich als Verkehrsmittel nutzt?

Es wäre schon viel gewonnen, wenn das vorhandene Radwegenetz erst einmal instandgesetzt und erneuert würde. Neue Trassen anzulegen, ist künftig sicher wichtig, aber meiner Meinung nach jetzt nicht das vorrangige Ding.

Denken Sie da an konkrete Bereiche?

Sehen Sie mal die Gladbecker Straße an, ich komme ja vom Eigen. Darauf mit dem Rad unterwegs zu sein, gleicht eher einem Erlebnisparcour, abenteuerlich. Keine Kennzeichnung, Abstandhalten zu anderen  Verkehrsteilnehmern ist kaum möglich, die Kreuzungsbereiche echt gefährlich. Wenn man die Seitenstraßen nutzt, ist dort zwar weniger Verkehr, aber schlecht gesicherte oder kaum überprüfte Baustellen und der oft katastrophale Zustand der Straßen machen ja allen Verkehrsteilnehmern zu schaffen, uns Radlern aber besonders. Das gilt übrigens für fast alle Bottroper Haupt- und Ausfallstraßen. Horster Straße, Nordring…

Mit einer Erneuerung des Belags ist es ja nicht getan…

Nein, ein Radweg, auch ein bestehender in welchem Zustand auch immer, muss ein Gesamtpaket sein. Das fängt natürlich bei einer guten Fahrbahndecke an, geht über eine deutlich sichtbare Kennzeichnung, möglichst  eine Abtrennung vom Autoverkehr, aber auch vom Fußverkehr, denn Sicherheit soll es ja für alle geben. Und immer passieren ja noch die meisten Radunfälle sogar auf Radwegen, in Kreuzungen oder schlecht gemachten Übergängen. Helfen würden sicher auch fahrradfreundliche Ampelschaltungen und eine echte Verkehrsüberwachung, die auf Sicherheitsabstände achtet oder Falschparker vom Radweg holt und nicht nur auf abgelaufene Parkscheine achtet. Also: Ein echtes Projekt für einen neuen Stadtrat, das würde Bottrop wirklich helfen.

Aber tut sich da nicht längst schon etwas?

Ich finde es positiv, dass die Stadt zum Beispiel Gesprächsbereitschaft auch mit unserer Initiative signalisiert hat, gerade auch über Instandsetzungen von Radwegen, der verbesserten Sicherheit, aber möglichen Erweiterungen des Wegenetzes. Ich hoffe, dass wir künftig kein Ghostbike mehr aufstellen müssen wie vor einiger Zeit am Hauptbahnhof, das an Radler erinnert, die im Straßenverkehr umgekommen sind.

Wie geht es „Aufbruch Fahrrad Bottrop“ personell, aber auch in der Coronazeit?

In Bottrop und Kirchhellen zusammen haben wir ungefähr 40 Mitglieder, davon kommen natürlich nicht immer alle zum Stammtisch oder anderen Aktivitäten. Die Sympathisantenzahl liegt aber weit höher. In der Coronazeit und jetzt in den Ferien hat natürlich viel geruht, aber radeln kann man ja immer. Jetzt wollen wir erstmal unsere Internetseite auf Vordermann bringen.

Was sind die nächsten Projekte?

In Kirchhellen planen wir für den Herbst eine Schulweg-Mängel-Radtour. Auch muss man dort sicher über eine Fahrradstraße nachdenken. Ein Problem ist dort natürlich die Struktur. Kinder müssen oft durch Neubau- oder Gewerbegebiete fahren, wo es überhaupt keine Radwege gibt. Insgesamt wollen wir aber möglichst dort weitermachen, wo wir vor der Pandemie aufgehört haben. Und ich hoffe, dass nach der Kommunalwahl das Thema Fahrrad und Verkehrswende in ganz Bottrop zügig und zielorientiert angepackt wird.


Warten auf das letzte Stück Busspur

SB 16 endlich zum echten Schnellbus machen

Jeden Tag pendeln über zehntausend Bottroper nach Essen ein und kehren in der Regel am Nachmittag zurück. Die meisten Pendler nutzen den PKW und stehen am Nachmittag dann im
sogenannten Ebelstau. Auch der sogenannte Schnellbus SB16 wird spätestens ab der Oskarstraße ausgebremst, wird unpünktlich und vor allem unattraktiv. So wird der Schnellbus zum Schleichbus. Dabei könnte ein attraktiver Nahverkehr Autofahrer dazu bewegen umzusteigen. Ein Nebeneffekt wäre dann übrigens auch ein etwas kürzerer PKW-Stau.

Die Realität sieht anders aus. Der Zugverkehr von Bottrop nach Essen ist aus verschiedensten Gründen extrem verspätungsanfällig, und wer weiter zum ZOB will, muss umsteigen. Die Alternative, der sogenannte Schnellbus wird in Essen bereits an der Großbaustelle Stadtteil 51 ausgebremst. Hier besteht wenigstens die Hoffnung, dass diese Bummelbaustelle in einigen Monaten endlich der Vergangenheit angehört. Dann kommt das Nadelöhr Ebel. Hier verliert der Bus in der Regel 10 Minuten. Es fehlen nur wenige hundert Meter Busspur bis zur Emscherbrücke, um am Stau vorbeizufahren. Um Autofahrer zum Umstieg zu motivieren, reicht nicht der Appell an ein gutes Umweltgewissen. Der Nahverkehr darf gegenüber dem Individualverkehr nicht zu viel Zeit verlieren. Bestenfalls ist er schneller. Ramazan Korkmaz, Vertreter der ÖDP im Bottroper Bau- und Verkehrsausschuss und bei der Kommunalwahl im September auf Platz 3 der Reserveliste, ist von Beruf Busfahrer und weiß, wovon er spricht. „Das fehlende Stück Busspur kann mit relativ geringem Aufwand und schnell hergestellt werden“, ist Korkmaz fest überzeugt. Aber der verantwortliche Landesbetrieb Straßen NRW und die Stadt Bottrop haben das Thema bisher eher verschlafen und immer wieder behauptet, es müssten für sehr viel Geld zwei Brücken verbreitert werden. „Unterhält man sich mit den verantwortlichen Mitarbeitern des Landesbetriebes, wird schnell deutlich, dass sie die örtliche Situation und die Brückenbauwerke eigentlich nicht kennen“, so ÖDP-Ratsmitglied Johannes Bombeck.

Die Stadtverwaltung hat das Thema eher zaghaft angefasst. Der hauptberufliche Busfahrer Korkmaz möchte den Schnellbus in Zukunft häufiger fahren lassen, ihm an der Ampel in Höhe der Emscher mit Vorrangsignal das Einfädeln ermöglichen und glaubt, dass die Brücke über die Bahnlinie nicht verbreitert werden muss. Die Gesamtbreite der Straße auf Höhe der Brücke beträgt 25,50 Meter. Jede einzelne Fahrspur ist über 4 Meter breit. Es reichen 3 Meter. Nur zu verkehrsarmen Zeiten kann man hier überhaupt 50 km/h fahren und an vielen Stellen sind die Spuren der L 631 auch nur 3 Meter breit. Der nicht genutzte Mittelstreifen in Höhe der Brücke ist ebenfalls über 2 Meter breit. So bleibt genügend Platz für die Busspur Richtung Bottrop. Der Ebel-Stau ist auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens leider kaum zu beseitigen, aber der Bus kann schneller werden, wenn der Landesbetrieb endlich arbeitet. Auf Antrag der ÖDP im Stadtrat haben nun alle Parteien beschlossen, den Druck auf den Landesbetrieb zu erhöhen. Der Platz ist da und die Vertreter der Stadt Bottrop im Landtag und im Ruhrparlament müssen nun mit dafür sorgen, dass der Stellenwert dieser Maßnahme deutlicher wird und sie auf die vorderen Plätze der Prioritätenliste des RVR gelangt. Hier ist mit wenig Geld und wenig Aufwand viel zu erreichen. So wird der Schleichbus zum Schnellbus, er fährt pünktlich und er lädt den Autofahrer ein, auf den Bus zu wechseln.